Die erste der Nachwelt überlieferte Fotografie, ein „Blick aus dem Arbeitszimmer“, entstand 1826 in acht Stunden Belichtungszeit in der französischen Kleinstadt Chalon-sur-Saône. Der Chemie-Tüftler Nicéphore Niépce hatte jahrelang mit Asphaltlack, der durch Lichteinwirkung aushärtet, und mit Lavendelöl experimentiert, ehe er Licht und Schatten auf einer beschichteten Zinnplatte festhalten konnte. 1952 fand der Fotohistoriker Helmut Gernsheim die Fotoplatte auf einem Dachboden in England und erstellte in aufwendiger Prozedur die erste Reproduktion.
Andreas Müller-Pohle. Digitale Partituren I (nach Nicéphore Niépce), 1995
Acht Iris Prints auf Aquarelle Arches satiné 356 g/qm
:: Ob Bücher, Gemälde, Dokumente oder Fotografien, Originale sind immer von Zerstörung bedroht. Berührung zerkratzt, Feuchtigkeit zersetzt, Transport zerrüttelt und Licht ist wie Gift. Wertvolle Werke sollten tief gefroren im Erdinneren lagern, wollte man sie langfristig erhalten. Alle aber wollen die Bilder sehen. Und so hängen die Originale, fahrlässig der raschen Vergänglichkeit ausgesetzt, in Museen. Doch sind es tatsächlich stets die originalen Unikate? Ist Mona Lisa wirklich die echte?! Lasst uns hoffen, dass es den geheimen Pakt gibt, nur Duplikate prominenter Werke auszustellen, denn Wissen mag Macht sein, Unwissen aber kann, angesichts der Unversicherbarkeit so mancher Werke, Klugheit, ja weitsichtige Vorsicht sein. Lieber nicht wissen was ich sehe, als wissend durch meinen Blick zu zerstören!
Communication Breakdown – oder:
Das Ende der Katastrophischen Kunst
:: Schwer genug, perfekte Werke zu kreieren, Kunstwerke, die bis in die verborgensten Adern des Materials prachtvoll sind. Schwieriger ist es, perfekte Werke, die bereits existieren, neu zu erschaffen, beispielsweise, um ein vom Verfall bedrohtes Unikat dadurch zu retten, dass das Ebenbild an Stelle des Vorbild tritt. Artificial Image, Laboratorium für digitale Druckkunst, transferiert Originale bildlicher Herkunft auf abenteuerliche Materialien wie ägyptisches Papyrus, chinesische Raufasertapete oder Hartglasfolie. Meist geht alles gut. Manchmal aber, wenn sich die Maschinen am Auftrag abrattern und stunden-, ja nächtelang Abermillionen Pixel sortieren, geschehen Wunder der katastrophalen Art: Die Crew kehrt zurück und findet Werke vor, die sie nicht in Auftrag gegeben hat. Alles kreuzweise verkehrt und stringent falsch. Kreischend rennen die Arbeiter um die Maschinen, drücken Stop-Tasten und versuchen teures Restpapier zu retten. Zu spät. Oft sind die ratternden Roboter in der traumatisch-ekstatischen Phase der Chaosproduktion nur durch Ziehen des Netzsteckers zu stoppen. Danach ist Neukonfiguration fällig.More
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